Amji Kin und Amji Krit

Die Sozialorganisation der Canela gründet auf einem komplexen dualen Weltkonzept, das die Wissenschaftler Jürgen Dieckert und Jakob Mehringer während ihrer Forschungen zum traditionellen Klotzlauf untersuchten.
Dieses Weltkonzept beruht nicht auf einem dualistischen ‘Gut-Böse-Schema‘, sondern durchzieht alle sozialen Einheiten und ist ein immer präsenter Bestandteil des sozialen Lebens der Canela. In ihrem Weltbild gibt es eine glückliche und eine traurige Jahreszeit, auf Gê – der Sprache der Canela – Amji Kin und Amji Krit.
Amji Kin beinhaltet alles Positive, Fröhliche, Gesunde, Schöne und ‘Wohlriechende‘ innerhalb der Gesellschaft. Im Naturverständnis beschreibt es die erntereiche Trockenzeit und ist der lebensnotwendigen Sonne zugeschrieben. Dies basiert darauf, dass in dieser Jahreszeit durch das trocken-heiße Klima Schlangen und andere giftige Tiere in geringerer Anzahl vorhanden sind. Auch treten in dieser Jahreszeit wenig Krankheiten auf und die Jagd verläuft meist zufriedenstellend. Im Gegensatz dazu steht das Amji Krit für alles Negative, Kranke, Hässliche und ‘Übelriechende‘, sowie für die Finsternis und die Regenzeit.
In der Vorstellung der Canela müssen in der Amji Kin Periode diverse kulturelle Aktivitäten wie Feste, Rituale und Klotzläufe durchgeführt werden. Diese Aktivitäten sichern den Fortbestand der Welt und sorgen für das Überstehen der Amji Krit Periode, in der, aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse, nur wenige Feste stattfinden können. „Insgesamt erzeugt so der ständige Wechsel von Trockenzeit, [...] amji kin und Regenzeit, [...] amji krit, ein Spannungsfeld, das für die Canela den ‘Lauf der Welt’ bestimmt.“ 1.
Diese duale Weltordnung beeinflusst ebenfalls den sozialen und individuellen Reifeprozess eines/einer jeden innerhalb der Gesellschaft.