C-K, 49.2

Klotzlauf

Ein besonderes Ritual der Canela ist der ‘Klotzlauf‘, bei dem der Wettbewerb im Mittelpunkt steht. Der Klotzlauf als zentraler Bestandteil des Festzyklus kann als Schlüssel zum Verständnis der Weltvorstellung betrachtet und „[...] mit dem Überleben der Kultur, der Menschenwelt, indem er für die Gemeinschaft das Amji kin bewirkt [...]“ gleichgesetzt werden 1.
In der Regel treten zwei Männergruppen (seltener Frauen) gegeneinander an. Bei den größeren Festen laufen meist die verschiedenen Moieties gegeneinander, die meisten Läufe werden jedoch von einer älteren und einer jüngeren Altersgruppe ausgetragen. Dabei werden Holzklötze, die bis zu 130 kg wiegen können, auf den Schultern über längere Strecken ins Ziel transportiert. Der Klotz wird dabei von Schulter zu Schulter weitergegeben. Alle Läufer sind bunt geschmückt, von diversem Kopfschmuck bis hin zu aufwendig gestalteten Gürteln.
Man unterscheidet die Klotzläufe nach der Streckenlänge, der Art des Laufes und der Größe und dem Gewicht der Klötze 2
Die Läufe sind wichtiger Bestandteil der Feste und Zeremonien während der Festzeiten, aber auch im Alltag der Canela werden diese Wettkämpfe regelmäßig ausgetragen. Während bei den Klotzläufen in den Festzeiten viele Dorfmitglieder neben den Trägern mitlaufen, laufen bei den täglichen Läufen nur die Mitglieder der teilnehmenden Männergruppen. Oft starten die Läufe nachmittags vom Arbeitsort der Altersgruppen und enden im Dorf. Der tägliche Klotzlauf hat eine Länge von ca. fünf Kilometern. Die Klötze werden dann schon nach der morgendlichen Ratsversammlung aus der Buriti-Palme geschlagen, um dann durch ein Klotzrennen zurück ins Dorf zu kehren 3.
Der Klotzlauf ist auch in Bezug auf die duale Sozialorganisation und das dialektische Weltbild von großer Bedeutung (Amji Kin und Amji Krit). Bei den Forschungen von Dieckert und Mehringer stellte sich heraus, dass ohne den traditionellen Klotzlauf der Canela der Fortbestand der Welt nicht gesichert werden kann: „Und noch laufen sie regelmäßig, um die Weltordnung aufrechtzuerhalten“ 4.
Der Lauf ist also nicht nur sportliche Ertüchtigung, sondern vielmehr ein wichtiges Ritual und Bestandteil des sozialen Lebens, um das Amji Kin innerhalb der Gemeinschaft zu stärken. Daraus resultiert ein besonders hohes individuelles Bedürfnis eines jeden Canela, Klotzläufer zu werden.

C-H, 37.21

C-H, 37.21

C-K, 28.11

C-K, 28.11

  1. Dieckert, Jürgen; Kowalski, Andreas F.; Mehringer, Jakob: Laufen fürs Leben. Ein Besuch bei den brasilianischen Canela-Indianer, 2003, S. 38
  2. vgl. Dieckert, Jürgen; Kowalski, Andreas F.; Mehringer, Jakob: Laufen fürs Leben. Ein Besuch bei den brasilianischen Canela-Indianer, 2003, S. 17.
  3. vgl. Crocker, William H: The Canela (Eastern Timbira). I. An Ethnographic Introduction, 1990, S. 135-137
  4. Dieckert, Jürgen; Mehringer, Jakob: Laufen für den Fortbestand der Welt. Der Klotzlauf bei den brasilianischen Canela-Indianern aus emischer Sicht, 1990, S.164