Erstes Kind und Erwachsensein

Erwartet eine Frau ihr erstes Kind, verzichtet sie auf bestimmte Lebensmittel, da diese die Geburt erschweren und die Gesundheit des Kindes negativ beeinflussen könnten. Der Mann, mit dem die Frau zusammenlebt, gilt als ‘sozialer Vater‘ der von nun an bei ihr bleiben muss. Oft kommt es vor dass eine Frau mit weiteren Männern schläft die besonders gute Läufer oder Jäger sind, damit deren Eigenschaften auf das ungeborene Kind übertragen werden. Das macht diese dann automatisch zu ‘biologischen Vätern‘ die das Kind später mitversorgen. Mit der Geburt des Kindes ändert sich auch das Leben der jungen Mutter. Zwischen der Zeit als Ehrenmädchen und ihrem ersten Kind genießt sie viele Freiheiten und ist von einigen Haushaltsaufgaben befreit. Mit der Geburt des ersten Kindes übernimmt sie nun alle wichtigen Aufgaben im Haus und bei der Feldarbeit. Frauen ab 30 Jahren nehmen bei Festen und Zeremonien keine aktive Rolle mehr ein, jedoch treffen sie die hauptsächlichen Entscheidungen, wenn es um die Teilnahme und die Rolle ihrer Kinder bei Festen und Ritualen geht 1.
Auch der Mann muss eine strenge Diät einhalten, wenn seine Frau ein Kind erwartet. Er lebt zum Zeitpunkt der Geburt seines ersten Kindes meist schon einige Zeit im Haus der Familie seiner Frau. Nach der Geburt muss er eine Zeit lang, getrennt durch eine Art Trennwand, abgeschieden von seiner Frau leben. Diese Periode wird Couvade genannt. Während der Couvade liegt er eine lange Zeit des Tages auf Matten auf dem Boden, muss sich sehr ruhig verhalten und auf bestimmte Lebensmittel verzichten. Die Couvade dauert so lange, bis die Nabelschnur des Kindes abgefallen ist.
Die Männer bleiben ihr Leben lang in ihren Altersgruppen und nehmen weiterhin eine entscheidende Rolle bei Festen und Ritualen ein. Während der Festzeiten bilden sie, unabhängig von den schon bestehenden Moieties, neue Moieties, die wesentlich zum Festgeschehen beitragen. Die älteren Altersgruppen unterrichten die jüngeren während der Initiationsfeste. Die täglichen Gesang-Tanz-Rituale werden ebenfalls von Männern geleitet und organisiert 2.

Ehrenobjekte

Jungen und Mädchen können durch besondere Leistungen sogenannte ‘Ehrenobjekte‘ erhalten, indem sie bei Festen oder Ritualen durch ihre Teilnahme besonders positiv auffallen.
Ein Mädchen kann bis zu drei besondere Auszeichnungen erhalten. Diese drei Ehrenobjekte sind eine Kette mit einem kleinen Flaschenkürbis, ein kleiner Holzkamm (meist ebenfalls an einer Kette befestigt) und eine Sängerinnenschärpe, die hahí genannt wird. Diese Objekte können vor oder nach dem Erhalt ihres Reifegürtels verliehen werden, in der Regel aber vor der Geburt ihres ersten Kindes. Um die Sängerinnenschärpe zu erhalten, muss das Mädchen besonders häufig bei den täglichen Gesang-Tanz-Ritualen erscheinen, besonders bei denen am frühen Morgen. Die Sängerin mit der besten Stimme und dem ungewöhnlichsten Singtalent wird mit der hahí ausgezeichnet. Die Familie des Mädchens entscheidet, ob sie Trägerin der Schärpe wird. Entscheidet sich diese dafür, webt ihre namensgebende Tante die hahí aus Baumwolle. Sobald ein Mädchen diese besondere Auszeichnung erhält, muss sie fortan als Erste bei dem täglichen Singen erscheinen. Ab diesem Zeitpunkt gilt sie als Vorbild für die anderen Sängerinnen 1.
Junge Männer können ihre Ehrenobjekte in den Initiationsfesten Khêêtúwayê, Pepyê und Pepkahàk gewinnen. Dadurch sollen sie motiviert werden, sich bei den Tänzen und Gesängen während der Feste besonders anzustrengen. Derjenige, der während der Festzeit am besten gesungen hat, wird mit einem Zeremonialstab ausgezeichnet. Dieser Zeremonialstab wird vom namensgebenden Onkel des Jugendlichen mit Ara-Federn geschmückt. Die Federn stammen von dem Kopfschmuck, den die Initianten während des Khêêtúwayê-Festes tragen. Zudem erhält der Jugendliche einen Federkopfschmuck, den sein namensgebender Onkel ebenso aus Ara-federn herstellt. Ein junger Mann der diese Objekte erhält, darf von nun an am häufigsten singen.
Eine weitere Auszeichnung sind spezielle Armbänder aus Baumwolle. Diese ‘SängerInnen-Armbänder‘ werden von den jungen Männern und Ehrenmädchen getragen, die bei der Waytikpo-Zeremonie, während der Pepyê und Pepkahàk – Feste vortanzen. Am Ende der Wè tè-Festzeit werden die besten Tänzer und Sänger mit diesen Armbändern ausgezeichnet 2.

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